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Lucia Schauf. Als Kind hatte sie häufig Magen-Darm-Probleme bis hin zu Magenkrämpfen. Die Diagnose Heriditäres Angioödem wurde jedoch erst im Alter von 22 Jahre nach zahlreichen HAE-Attacken, Fehldiagnosen und falschen Behandlungen - gestellt.
Wenige Monate vor der Diagenosestellung von Frau Schauf wurde auch bei ihrem Bruder HAE diagnostiziert.
Mit 16 Jahren trat bei Lucia Schauf die erste Gesichtsschwellung auf, die so stark war, das Frau Schauf nicht mehr sehen und sich aus dem Haus bewegen konnte. Die Diagnose lautete, allergische Reaktion, möglicherweise als Reaktion auf die Einnahme der Pille, deren Absetzen daraufhin beschlossen wurde. In der Familie war eine Allergie bekannt. Mit 18 Jahren begann Lucia Schauf ihre dreijährige Ausbildung als Krankenschwester. Jedes Mal, wenn sie ausbildungsbedingt die Station wechseln musste, reagierte sie mit Bauchschmerzen und Bauchkrämpfen oder auch Erbrechen.
Frau Schauf war zwar sehr erleichtert, als endlich die richtige Diagnose gestellt war, aber die beginnende Behandlung war mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden und es fehlten immer noch ausführliche Informationen zum Krankheitsbild oder ein Informationsaustausch mit anderen Patienten. Die Behandlung mit männlichen Geschlechtshormonen erhöht zwar einerseits die benötigte Proteinproduktion und damit auch den C1-Esterase-Inhibitor-Spiegel im Blutplasma, führt aber andererseits auch zur Ausprägung männlicher Geschlechtsmerkmale. Das Ergebnis der Behandlung bei Frau Schauf waren das Ausbleiben der Menstruation, eine extreme Gewichtszunahme, ein vermehrter Haarwuchs sowie unreine Haut. Da die Nebenwirkungen so heftig waren, Schwellungen aber dennoch auftraten, brach sie die Therapie nach einem Jahr ab.
Ein Jahr nach der Diagnosestellung und nur wenige Monate nach Absetzen des Hormonpräparates wurde Lucia Schauf schwanger. In der Schwangerschaft und auch während der Entbindung kam es zu keinerlei HAE-Attacken. Schwierig wurde jedoch die Entbindung. Unter den Ärzten herrschte große Unsicherheit und Unkenntnis, was bei der Entbindung einer Patientin mit HAE beachtet werden muss. Die Entbindung, die schließlich in einer Uniklinik vorgenommen wurde, weil kein anderes Krankenhaus die Verantwortung übernehmen wollte, war mit verschiedenen Komplikationen verbunden, so dass Lucia Schauf ihr Kind in Vollnarkose mit einem Kaiserschnitt zur Welt bringen musste. Glücklicherweise ist Tochter Andrea gesund zur Welt gekommen und auch nicht von HAE betroffen.
Nach der Geburt hat sich die Krankheitssituation von Frau Schauf deutlich verschlechtert. Die Attacken kamen häufiger und wurden schlimmer, kleinste Stresssituationen lösten die Attacken aus. Ein normales Familienleben war nicht möglich. Frau Schauf wurde wieder mit hohen Dosen männlicher Geschlechtshormone behandelt. Dennoch kam es zu einer Schwellung im Rachenraum. Zu dieser Zeit verfügte Frau Schauf für Notfallsituation wie diese bereits über eine Ampulle des C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrats, war jedoch auf einen Arzt angewiesen, der das Konzentrat spritzt. Kurze Zeit danach hat ihr Mann das intravenöse Injizieren erlernt, um ihr bei Attacken schnell helfen zu können.
Nach dreieinhalb Jahren Mutterschutz nahm Lucia Schauf wieder ihre Tätigkeit als Krankenschwester auf. Meine Dienste schaffte ich mehr recht als schlecht. Wenn ich frei hatte, wurde ich immer krank, beschreibt Lucia Schauf ihre damalige Situation.
Im Jahr 1993 Frau Schauf war 31 Jahre erfolgte die Umstellung vom dem Hormonpräparat auf eine langfristige Prophylaxe mit dem C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrat. Frau Schauf hatte das Glück, eine Ärztin zu treffen, die es als unverantwortlich empfunden hat, eine 31jährige Frau schon in Wechseljahre zu versetzen. Ich nahm das Konzentrat nun nach Bedarf, und es fing an, mir besser zu gehen, resümiert Frau Schauf.
Trotz der Spirale als Verhütungsmittel wurde Lucia Schauf ein zweites Mal schwanger. Für mich brach eine Welt zusammen, alle Erinnerungen wurden wieder wach, ich hatte große Angst vor einer erneuten Schwangerschaft und Entbindung, so beschreibt sie ihre damalige Lage. Sie hatte immer noch keinen Arzt oder andere Betroffene gefunden, die Erfahrungen mit schwangeren HAE-Patienten hatten sammeln konnten. Dennoch entschloss sie sich zu dieser Schwangerschaft, in der Hoffnung, dass auch diese Schwangerschaft gut verlaufen würde. Doch es traten verschiedenste Probleme auf, die zunächst gar nicht mit dem HAE in Verbindung gebracht worden waren wie Nierenschmerzen und Lungenschmerzen. Diese Schmerzen standen aber offensichtlich doch mit dem HAE in Verbindung, denn sie ließen nach Injektion des C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrats nach kurzer Zeit bereits nach. Frau Schauf berichtet: Ich weiß nicht, wie ich diese Schwangerschaft ohne das Konzentrat hätte überstehen sollen. Auch das zweite Kind, Sohn Stefan, kam gesund zur Welt und ist nicht an dem Hereditären Angioödem erkrankt.
Nach der zweiten Schwangerschaft wurden die Attacken wieder schlimmer. Nun traten auch Gehirnödeme auf und die Schwellungen in der Nierengegend und in den Lungen beträchtigten immer häufiger einschneidend das Leben von Lucia Schauf. Um diese lebensbedrohlichen, wie auch andere, ihr Leben stark einschränkenden Attacken zu verhindern, spritzt Frau Schauf nun seit Januar 1998 in regelmäßigen Abständen das C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrat. Mit dieser Behandlung kann Lucia Schauf endlich wieder aktiv am Leben teilhaben, gemeinsam etwas mit ihrer Familie unternehmen; sie ist aber nicht mehr voll belastbar. Ihre Tätigkeit als Krankenschwester, die mit sehr viel Stress verbunden ist, kann sie nicht mehr nachgehen. Ihre Krankheit ist seit Juli 1991 als 50prozentige Schwerbehinderung anerkannt.
Im Jahr 1997 hat Frau Schauf andere Betroffene kennengelernt und sich aktiv an der Gründung der HAE-Patientenvereinigung beteiligt.
Für die Zukunft wünscht sich Lucia Schauf, dass alle HAE-Patienten bestmöglichst therapiert werden, ohne Nebenwirkungen und ohne die ständige Angst vor lebensgefährlichen Attacken. Auch wünscht sie sich, das die HAE-Vereinigung weiterhin vielen Betroffenen Informationen und Hilfestellung geben wird.
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