HAE ist zwar nicht heilbar, aber es gibt effektive Behandlungsmöglichkeiten, die den meisten Betroffenen ein fast normales Leben ermöglichen können. Prinzipiell wird bei der Therapie des HAE unterschieden zwischen:
- der Behandlung einer akuten Attacke
- der Kurzzeitprophylaxe und
- der Langzeitprophylaxe
Die akute Schwellung behandeln
Eine sogenannte „on-demand“-Therapie der akuten Schwellung ist die häufigste Behandlungsform. Die Betroffen erhalten bei Bedarf, also bei Anzeichen einer Schwellung, die medikamentöse Behandlung durch einen Arzt oder aber führen nach gründlicher Schulung durch den Arzt eine Behandlung selbst durch.
Zur Behandlung der akuten Attacke stehen uns heute verschieden Medikamente zur Verfügung. Bereits vor über 40 Jahren gelang es Wissenschaftlern, den C1-INH aus dem Blut von gesunden Menschen zu gewinnen und zu einem Konzentrat aufzuarbeiten, das HAE-Patienten verabreicht werden kann. Diese so genannte „kausale Behandlung“ setzt – wie der Name schon sagt – also genau da an, wo die Ursache der Schwellung liegt: Dem Körper wird das C1-INH-Protein zugeführt, das ihm fehlt oder das nicht richtig funktioniert. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Behandlung mit einem C1-INH-Konzentrat zuverlässig und wirksam ist.
Prinzipiell gilt: Je früher die Therapie einer akuten Attacke erfolgt, desto weniger stark prägen sich die Symptome aus und desto schneller bilden sie sich demzufolge auch zurück.
Mittlerweile steht auch ein rekombinantes C1-INH-Präparat zur Verfügung. Alle diese Konzentrate werden in die Vene verabreicht (intravenöse Gabe)
Ein weiteres wirksames Medikament wirkt dem bei HAE vermehrt ausgeschütteten Bradykinin direkt entgegen. Dieser sogenannte „Bradykinin-B2-Rezeptorantagonist“ vermindert die Bradykinin-Wirkung an den Blutgefäßen. Der Austritt von Flüssigkeit wird gestoppt und das Ödem bildet sich zurück. Dieses Medikament wird in die tieferen Hautschichten gespritzt (subkutane Gabe).
Kurzzeitprophylaxe
In bestimmten Fällen ist eine Kurzzeitprophylaxe sinnvoll. Darunter wird eine prophylaktische Behandlung mit einem humanen C1-INH-Konzentrat verstanden, die immer dann angezeigt sein kann, wenn ein erhöhtes Risiko besteht, dass es durch äußere Einwirkung zu einer akuten Attacke kommen könnte. Ein typisches Beispiel ist ein geplanter operativer Eingriff beim Zahnarzt. Die Kurzzeitprophylaxe wird in die Vene (intravenös) verabreicht.
Langzeitprophylaxe
Hierfür stehen zwei unterschiedliche Behandlungsoptionen zur Verfügung:
Zum einen die Langzeitprophylaxe mit Medikamenten, die in die Vene (intravenös) oder in tiefere Hautschichten (subkutan) appliziert werden. Dies können beispielsweise humane C1-INH-Konzentrate sein als Option für Patienten mit schweren und häufig wiederkehrenden Attacken. Das Konzentrat wird dann vorbeugend in regelmäßigen Abständen (2 mal pro Woche) gespritzt, ohne dass eine Schwellung vorliegt. Auch ein Antikörper (Abwehr-Eiweiß des Körpers), der im Blut an das Enzym Plasmakallikrein bindet und dessen Aktivität auf das Niveau von gesunden Menschen senkt, wird im Abstand von 2 Wochen in tiefere Hautschichten (subkutan) gespritzt. Da Plasmakallikrein direkt für die bei HAE-Patienten zu hohen Bradykininspiegel verantwortlich ist, wird Bradykinin ebenfalls durch den Antikörper normalisiert.
Eine weitere Form der Langzeitprophylaxe steht seit 2021 als einmal täglich mit den Mahlzeiten einzunehmende Tablette zur Verfügung. Ihr aktiver Wirkstoff bindet an das Enzym Plasmakallikrein, wodurch die Spaltung von hochmolekularem Kininogen und somit die Freisetzung von Bradykinin reduziert wird. Diese orale Option ist für jugendliche und erwachsene HAE Patienten ab 12 Jahren zugelassen.
In der Vergangenheit wurden auch Androgenderivate (männliche Geschlechtshormone) zur Langzeitprophylaxe eingesetzt. Seit 2005 sind diese Präparate in Deutschland nicht mehr erhältlich. Ein Patient, der weiterhin mit diesen Präparaten behandelt wird, muss aufgrund der zahlreichen und zum Teil schweren Nebenwirkungen ganz besonders sorgfältig überwacht werden.
Wichtig: In den Behandlungszentren wird man ausführlich mit Ihnen besprechen, welche Therapie für Sie am besten geeignet ist und ob Sie für eine Prophylaxe in Frage kommen. Auch für Kinder vor der Pubertät sowie für Schwangere und Stillende gibt es effektive und bewährte Therapieoptionen.